AG MR Physik und Molekulare Neurochirurgie

Die Arbeitsgruppe MR Physik und Molekulare Neurochirurgie beschäftigt sich mit der Entwicklung und Evaluierung innovativer Bildgebungsverfahren der Magnetresonanztomographie (MRT, auch Kernspin) sowie neuartiger Softwarekonzepte und –methoden zur Verarbeitung MRT-Bilddaten. Ziel ist es, die prä- und intraoperative Planung neurochirurgischer Eingriffe zu verbessern. Basierend auf MRT-Bilddaten werden neue Ansätze entwickelt, um die für die neurochirurgische Behandlung (z.B. von Tumore oder Hydrozephalus) exakter planen zu können. Die AG MR Physik beschreitet dabei auch neue Wege in der MRT-basierten Diagnostik: So wird aktuell an der Entwicklung einer MRT-Methode zur nichtinvasiven Untersuchung und bildlichen Darstellung pathophysiologischer Prozesse in Hirntumoren gearbeitet.

Dynamische Darstellung des Liquorflusses mittels 4D MR Velocity Mapping

Hydrozephalus ist eine krankhafte Erweiterung der inneren Liquorräume und ist entweder durch ein Ungleichgewicht zwischen Liquorproduktion und Liquorresorption oder durch eine Abflussstörung des Liquors bedingt. Therapeutisch kommt beim Hydrozephalus – abhängig von der Ätiologie – entweder die Implantation eines Liquorshuntsystems oder eine endoskopische Fensterung (sog. Ventrikulostomie) zur Beseitigung einer Abflussstörung bzw. zur Schaffung eines neuen Abflussweges in Frage. Bereits im Jahr 2008 ist es der Arbeitsgruppe um Prof. Dr. Andreas Stadlbauer von der Neurochirurgischen Klinik Erlangen weltweit erstmals gelungen, die Flussmuster des Liquors im Ventrikelsystem mittels zeitlich aufgelöstem 4D MR Velocity Mappings darzustellen und in weiterer Folge eine Klassifikation des normalen Liquorflusses einzuführen (Stadlbauer et al., NeuroImage 2010). Aufbauend auf diese Grundlagenforschung wurde diese Technik für klinische Anwendungen weiterentwickelt. Die 4D-Darstellung erlaubt die lückenlose Evaluierung des Liquorflusses in beliebigen Regionen des Ventrikelsystems und der Wirbelsäule. Dadurch ist ein besseres Verständnis der zum Teil komplexen zeitlichen und räumlichen Änderungen des CSF-Flusses möglich. Damit konnten auch neue Parameter in die Diagnostik von Patienten mit Hydrozephalus und Verdacht auf Shunt-Insuffizienz eingebracht werden (Stadlbauer et al., Eur Radiol 2012). Es ist gelungen, Unterschiede im Liquorfluss bei Patienten mit verschiedenen Formen des Hydrozephalus zu charakterisieren, und anhand der Liquorflussdynamik, Parameter zur Optimierung der Therapie zu entwickeln (Brandner et al., Clin Neuroradiol 2018, in press).

 

Intraoperatives Monitoring der Sauerstoffversorgung des Gehirns mittels Magnetresonanztomographie

Die Sauerstoffversorgung von Hirngewebe ist von großem diagnostischem Interesse, da sie sowohl für die vitalen Zellfunktionen als auch für pathologische Prozesse (Neurodegeneration) und Schädigung des Hirngewebes (Schlaganfall) von essentieller Bedeutung ist. Die vorhandenen bildgebenden Verfahren zur in-vivo Bestimmung der Sauerstoffversorgung sind jedoch aufgrund ihrer Invasivität, Strahlenbelastung, hohen Kosten, oder geringen räumlichen Auflösung bzw. Eindringtiefe wenig geeignet. Im Rahmen eines interdisziplinären Projekts unter Leitung der Neurochirurgischen Klinik Erlangen wurde eine neue Methode der Magnetresonanztomographie (MRT) entwickelt für diesen Zweck. Mit diesem weltweit einzigartigen Vorgehen kann während des neurochirurgischen Eingriffs mit dem intraoperativen MR-Scanner eine nichtinvasive Überprüfung der Sauerstoffversorgung des Hirngewebes durchgeführt werden. Damit ist eine bessere Überwachung des Patienten während der OP möglich (Stadlbauer et al., World Neurosurgery 2017).

 

MRT-basierte, nichtinvasive Darstellung der Mikrovaskulatur von Hirntumoren

Blutgefäße spielen eine entscheidende Rolle im Entwicklungsverlauf bösartiger Tumore. Im frühen Stadium der Tumorentwicklung wachsen die meisten Läsionen avaskulär bis ein Gleichgewicht zwischen Proliferation und Apoptose erreicht ist, danach setzt meist Neoangiogenese ein. Der Grad der Vaskularisierung ist oft mit Tumoraggressivität sowie schlechter Prognose und Outcome korreliert. Eine Beurteilung der Architektur des Tumorgefäßbetts ist daher von hoher Relevanz für die klinische Beurteilung und der Therapieplanung von Hirntumoren. In einem wissenschaftlichen Projekt unter Leitung der Neurochirurgischen Klinik, das mit finanzieller Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft und internationaler Beteiligung zur Zeit noch läuft, konnten neue Strategien der MRT-Bildgebung und der Bildverarbeitung zur Darstellung der Neovaskularisation von Hirntumoren entwickelt werden (Stadlbauer et al. J Cereb Blood Flow & Metab. 2017). Wir entwickelten neuartige Bewertungsstrategien von MR-Perfusionsdaten und führten neue MRI-Biomarker ein, die detailliertere Einblicke in die Komplexität und Heterogenität vaskulärer Veränderungen bei Hirntumoren liefern. Nachuntersuchungen bei Patienten mit rezidivierenden Glioblastomen während einer antiangiogenen Monotherapie (Bevacizumab) zeigten, dass die frühe Reaktion (nach einem Monat) auf Bevacizumab durch die Reduktion der kleineren Mikrovaskulatur (etwa 10 μm) dominiert wird. In der 3-Monats-Kontrolle zeigte sich bei den Tumoren zusätzlich eine Reduktion der größeren Mikrovaskulatur (> 20 μm).

Hypoxie (Mangelversorgung an Sauerstoff) ist ein bekannter Auslöser der Neovaskularisation. Es besteht eine starke Beziehung zwischen der Neubildung von Tumorvaskulatur, der Sauerstoff- und Nährstoffversorgung und den Pfaden des Energiestoffwechsels (Warburg Effekt). In einem wissenschaftlichen Projekt zur Korrelation von Sauerstoffmetabolismus und Neovaskularisierung konnten wir zeigen, dass unsere eingeführten Biomarker verglichen mit anderen bildgebenden Biomarkern am besten für die Differenzierung des IDH1-Genmutationsstatus bei anaplastischen Gliomen geeignet ist.

In einer laufenden Studie fusionieren wir die MRI-Biomarker-Informationen für den Sauerstoffmetabolismus und die Neovaskularisation mithilfe einer automatischen Klassifizierungsstrategie und ermöglichen damit die nichtinvasive Lokalisierung hypoxischer und vaskulärer Nischen innerhalb der heterogen strukturierten Tumor-Mikroumgebung (tumor microenvirenment, TME). Unser Ansatz, den wir als TME-Mapping bezeichnen, offenbarte zwei unterschiedliche metabolische Phänotypen für Glioblastome. In einer laufenden Studie fusionieren wir die MRI-Biomarker-Informationen für den Sauerstoffmetabolismus und die Neovaskularisation mithilfe einer automatischen Klassifizierungsstrategie und ermöglichen damit die nichtinvasive Lokalisierung hypoxischer und vaskulärer Nischen innerhalb der heterogen strukturierten Tumor-Mikroumgebung (tumor microenvirenment, TME). Unser Ansatz, den wir als TME-Mapping bezeichnen, offenbarte zwei unterschiedliche metabolische Phänotypen für Glioblastome.

 

Ausgewählte Publikationen:

Recurrence of glioblastoma is associated with elevated microvascular transit time heterogeneity and increased hypoxia. J Cereb Blood Flow Metab. 2018, in press. A. Stadlbauer, K. Mouridsen, A. Doerfler, M. Bo Hansen, S. Oberndorfer, M. Zimmermann, M. Buchfelder, G. Heinz, K. Rössler.

Visualization of CSF Flow with Time-resolved 3D MR Velocity Mapping in Aqueductal Stenosis Before and After Endoscopic Third Ventriculostomy: A Feasibility Study. Clin Neuroradiol. 2018, in press. S. Brandner, M. Buchfelder, I. Y. Eyuepoglu, H. Luecking, A. Doerfler, A. Stadlbauer.

Vascular Hysteresis Loops and Vascular Architecture Mapping in Patients with Glioblastoma treated with Antiangiogenic Therapy. Sci Rep. 2017;7:1-12. A. Stadlbauer, M. Zimmermann, S. Oberndorfer, A. Doerfler, M. Buchfelder, G. Heinz, K. Rössler.

Intraoperative Magnetic Resonance Imaging of Cerebral Oxygen Metabolism During Resection of Brain Lesions. World Neurosurg. 2017; 100:388-394. A. Stadlbauer, A. Merkel, M. Zimmermann, B. Sommer, M. Buchfelder, A. Meyer-Base, K. Rossler.

MR Imaging-derived Oxygen Metabolism and Neovascularization Characterization for Grading and IDH Gene Mutation Detection of Gliomas. Radiology. 2017; 283:799-809. A. Stadlbauer, M. Zimmermann, M. Kitzwogerer, G. Heinz, S. Oberndorfer, A. Doerfler, M. Buchfelder, K. Rössler.

Magnetic resonance imaging biomarkers for clinical routine assessment of microvascular architecture in glioma. J Cereb Blood Flow Metab. 2017; 37:632-643. A. Stadlbauer, M. Zimmermann, G. Heinz, S. Oberndorfer, A. Doerfler, M. Buchfelder, K. Rössler.

The spatio-temporal pattern of human cortical and subcortical activity during early stage odor processing. Chemical Senses 2016; 41:783–794. A. Stadlbauer, M. Kaltenhäuser, M. Buchfelder, S. Brandner, W. L. Neuhuber, B. Renner